Bildungspolitik, Bildungsgeschichte
1. Das Märchen vom Curriculum
Ich halte die Lehr- und Methodenfreiheit des Lehrers grundsätzlich für eine der wesentlichsten Bedingungen für Schulkultur und Lernerfolg. Einer Einschränkung der Lehrfreiheit durch einen Lehrplan, der weite Ziele setzt und Raum für Auswahlen lässt, kann ich selbstverständlich zustimmen. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte durch die damals von verhaltenspsychologisch orientierten Erziehungswissenschaftern vorangetriebene „Curriculumsforschung“ mit ihren bis ins kleinste Detail vorgeschriebenen Lernziel-Katalogen ein bis in die Gegenwart wirkender frontaler Angriff auf die Lehrfreiheit. Dieser Angriff war begleitet durch einen nicht weniger einschneidenden Angriff auf die Methodenfreiheit, indem sich dieselbe wissenschaftlich dominante Richtung das Schul-Heil vom sog. „programmierten Unterricht“ versprach. Wenn auch beide damals als Wundermittel propagierten Reformen mittlerweile historische Episode geblieben sind, so wirkt die gegenwärtige Bildungspolitik in vielerlei Hinsicht tendenziell auf die Entmündigung des Lehrers hin. Insofern halte ich das sarkastische Märchen über diese Thematik, das ich so um 1987 herum in einem Anfall von Resignation verfasste, in seinem Grundgehalt als leider nach wie vor aktuell.
2. Schule heute
Dieser Schrift liegt das Festreferat zu Grunde, das ich anlässlich der Jubiläumsfeier ‘Fünfzig Jahre Schulpsychologischer Dienst des Kantons St. Gallen’ am 2. September 1989 hielt. Mit Blick auf die Gestaltung bzw. Verbesserung irgendwelcher Zustände gehe ich dabei aus vom grundlegenden Unterschied zwischen personalem und institutionellem Handeln und zeige einerseits deren Beziehung zum Gesamtsystem ‚Schule‘ und andererseits – dies negativ wertend – den zunehmenden Überhang institutionellen Handelns gegenüber dem personalen im Rahmen von Bildung und Unterricht, worin ich den Grund für die stets grösser werdende Kluft zwischen finanziellem, rechtlichem und organisatorischen Aufwand auf der einen und dem Bildungsertrag auf der andern Seite sehe
3. Ist die Dorfschule wirklich so schlecht
In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts versprach man sich seitens der meisten Politiker mehr Chancengleichheit bei der Bildung der Kinder durch die Konzentration der Schüler in grosse Bildungszentren. Allein in Baden-Württemberg wurden über 2000 Dorfschulen aufgehoben, und seither fahren Tausende von Schülern täglich – oft über eine Stunde – zur Schule, während sie ehedem in wenigen Minuten die Dorfschule erreichten. Verschiedentlich bat man mich um Referate und Stellungnahmen gegen diesen Kahlschlag. Unter anderem hielt ich am 5. Dezember 1976 im Süddeutschen Rundfunk ein Referat, das einige Beachtung fand. Erreicht wurde allerdings – auch wenn später einige Schulen wieder eingerichtet wurden – praktisch nichts. Insofern ist der hier vorgelegte Text ein Zeitdokument.
4. Arbeitszeitverkürzung für Schüler?
Nachdem die Einführung der Fünftagewoche auch für die Volksschule allgemein als Fortschritt erklärt worden war, um politisch verwirklicht werden zu können, versuchte ich in einem Schulblatt-Artikel den Unterschied der Arbeitszeitverkürzung bei Arbeitern und Schülern bewusst zu machen. Auch dies: ein Zeitdokument.
5. Das Problem des Übertritts ins Gymnasium
Es geht hier um grundlegende Überlegungen über die Berechtigung der Selektion und über Vor- und Nachteile des Entscheides bei der Zubringer- oder Abnehmerschule. Schliesslich wird das Aufnahmeverfahren am Lehrerseminar St. Michael in Zug erklärt. Allerdings werden seit 2002 keine Schüler mehr aufgenommen, da das Seminar wegen der Vereinheitlichung der Lehrerbildung in der Schweiz 2006 schliessen muss. (In welcher Zeitschrift die Arbeit erschien, weiss ich nicht mehr.)
6. Die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) – ein staatsrechtliches Novum
Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) hat sich im Zeitraum von rund hundert Jahren darum bemüht, jenen Problemen zu begegnen, die sich aus der Tatsache ergeben, dass in der Schweiz die Hoheit über die Volksschule durch die Bundesverfassung den Kantonen zugesprochen wird. Das Jahr 1993 bedeutet insofern einen markanten Einschnitt, als es diesem Gremium gelungen ist, zur „Behörde“ zu avancieren und damit einen wesentlichen Teil der Schulhoheit an sich zu ziehen. Der hier vorgelegte Text weist nach, wie es dazu kam und welche staatspolitischen Fragwürdigkeiten damit verbunden sind.
7. Der Lehrer im Spannungsfeld zwischen verpflichtetem und freiem Handeln
Die reformeifrigen Bildungsverwaltungen in der Schweiz (und wohl auch darüber hinaus) scheinen wie betriebsblind zu sein gegenüber dem von ihnen verursachten Verlust an Freiheit der Lehrerschaft. Im vorliegenden Aufsatz wird nachzuweisen versucht, dass die Bildungspolitik damit genau das erzeugt, was sie zu bekämpfen bemüht ist: nämlich die sinkende Effizienz unserer Schulen. Wirklichen Bildungserfolg kann man indessen nur von einer Schulkultur erwarten, in der sich die Lehrenden und Erziehenden frei, das heisst: für ihre Arbeit selbst verantwortlich fühlen.
8. Integrative Lehrerbildung
Die Bildungspolitik des ausgehenden 20. Jahrhunderts war erfolgreich in der nicht bloss Schweiz-weiten, sondern sogar Europa-weiten Vereinheitlichung der Lehrerbildung und damit auch der Beseitigung aller alternativen Bildungskonzepte. In der Schweiz wurden alle privaten und einem christlichen Menschenbild verpflichteten Lehrerbildungsanstalten, die den integrativen Weg beschritten, zur Schliessung gezwungen. Dieser auch als „seminaristischer Weg“ bezeichnete Bildungsgang zeichnete sich aus durch die Verbindung von Allgemeinbildung und Berufsbildung und Nutzung der besonderen Bildungssituation von 16- bis 21jährigen jungen Menschen für die Lehrerbildung. Im Moment scheinen sich alle massgeblichen Kreise darin einig zu sein, dass es keine bessere Lehrerbildung geben kann als den mindestens 3 Jahre dauernden und nach den Gebräuchen der Bologna-Reform ausgerichteten Ausbildungsgang im Anschluss an die bestandene Maturitäts- bzw. Abiturprüfung. Wenn ich hier den Text, den ich seinerzeit zur Darstellung des Lehrerbildungskonzepts des Freien Katholischen Lehrerseminars St. Michael in Zug (Schweiz) verfasste, wieder (2014) aufschalte, so in der Hoffnung, die Kenntnisnahme dessen, was man aufgegeben hat, könnte doch da und dort zu einer Neubesinnung anregen. Dabei ist mir klar, dass wesentliche Elemente, die das damalige Konzept entscheidend prägten, so etwa das Zusammenleben in einem Internat oder die religiöse Färbung des Bildungsalltags, nicht mehr in dieser Weise realisierbar sind. Trotzdem biete ich hier den Text, wie er sich zwischen 1981 und 1996 entwickelte, praktisch unverändert dar
9. Schulreform zwischen Haben und Sein
Im vorliegenden Aufsatz zeige ich auf, dass jene Handlungsmaximen, die in Wirtschaft und Technik erfolgversprechend sind, nicht auf den Bereich der Bildung übertragen werden können und sollen, da die Bildung ihre eigenen Ansprüche stellt und ihren eigenen Gesetzmässigkeiten unterworfen ist. Während in Wirtschaft, Technik und Wissenschaftsbetrieb die dem Haben-Bereich zuzuordnenden Regulative zielführend sind, erheischen Bildung und Erziehung primär die dem Seins-Bereich zuzuordnenden Haltungen und Verhaltensweisen.
10. Wie macht man den Lehrberuf attraktiver?
Hermann J. Forneck, Leiter der Pädagogischen Fachhochschule Nordwestschweiz, glaubt den Lösungsweg zur Behebung des latenten Lehrermangels erkannt zu haben: Lehrkräfte brauchen vermehrt Aufstiegschancen, mithin die Möglichkeit, eine Karriereleiter hochzusteigen. Immer noch daran zu glauben, Lehrersein sei eine Berufung, ist „unmodern“ und gilt ihm als fatale Entwicklung, ebenso die Tendenz, Quereinsteigern aus anderen Berufen durch spezielle Ausbildung den Zugang zum Lehrberuf zu ermöglichen. Meine Replik auf Formecks Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung vom August 2010.