Arthur Brühlmeier

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Grundlagen

Der Brühl

Natürlich stellt sich zuallererst die Frage nach dem Ursprung unseres Namens. Die Antwort scheint einfach: Da war eben ein Mann namens Meier, der im „Brühl“ wohnte, und da es in Wettingen so viele Träger des Namens „Meier“ gab, wurde aus seinem Spitznamen allmählich der Geschlechtsname „Brühlmeier“. Dann möchte man noch wissen, wann das war, und beginnt Quellen herbeizuziehen. 

Im Nachlass meines ehemaligen Lehrers Eduard Spiegelberg, der bis zu seinem Tod (1958) in Wettingen als Lokalhistoriker wirkte, ist über die Bedeutung von „Brühl“ folgendes zu erfahren:


Brühl: Althochdeutsch broil oder bruil, Mittelhochdeutsch brüel, bedeutet ursprünglich ein tiefliegendes, wasserreiches Gehölz, welches zur Hegung von Hirschen und Schweinen diente. Darum war der Brühl eingefriedigt (d.h. eingezäunt) und konnte als „Tiergarten“ gelten. Bei der zunehmenden Erweiterung der Ortschaft wurde das Gehölz geschlagen, der Boden trocken gelegt, und so entstanden Wiesen, Äcker und Plätze. Aus dem Brühl wurde Wiesland. Das tiefliegende Gelände eignete sich ganz besonders gut zur Bewässerung durch den Dorfbach, weshalb es im Frühling dem Vieh die erste Nahrung gewährte. Den Hofbesitzern des Dorfes (Wettingen) blieb bei der Aufteilung der Allmende der Paurenbrüel oder Bauernbrühl nördlich der Landstrasse überlassen, während sich das Kloster den Herren- oder Klosterbrühl westlich der Bahnhofstrasse als grundherrliches Sondergut vorbehielt.


Zu betonen ist, dass im Rahmen der damaligen Dreifelderwirtschaft das Ackerland in den drei Zelgen lag, wogegen der Brühl – wie oben erwähnt – eingezäuntes Wiesland war.
An den Bauernbrühl erinnert heute noch die „Brühlstrasse“, die zwischen der Landstrasse und dem Gottesgraben (dem unteren Teil des Dorfbaches) liegt. In der Gegend des Rathauses trug vor nicht allzu langer Zeit der dortige Fussballplatz den Namen „Brühl“, was auf den Herren- oder Klosterbrühl zurückging.


Die Wettinger Meier

Nicht jeder, der in Wettingen „Meier“ hiess, war auch ein Meier. Um dem auf den Grund zu gehen, was ein Meier war, erweisen sich als besonders aufschlussreiche Quellen das „Klosterarchiv 1694“ sowie die erwähnte „Geschichte von Wettingen“.

Nach seiner Gründung im Jahre 1227 erwarb das Kloster Wettingen zunehmend die Besitzungen in der Umgebung, vor allem natürlich in Wettingen selber. Zuerst bebauten die Mönche – getreu der Zisterzienser- (bzw. Benediktiner-)Regel – die erworbenen Güter selber, aber um 1400 herum drängte sich ein Wechsel der Wirtschaftspolitik auf. Das Kloster errichtete acht sog. Meiereien, ungefähr gleich grosse Höfe, denen die umliegenden kleineren zugeteilt wurden. Das hatte den Vorteil, dass es von allen Meiern denselben Zins bzw. Zehnten einfordern konnte. Die den Höfen zugeteilten kleineren Bauern mussten nicht dem Kloster direkt zinsen und zehnten, sondern hatten den zuständigen Meiereien einen sog. „Einzins“ zu entrichten. Sie waren damit „Einzinser“, d.h. Klosterleute, die in die Meiereien hinein zinsten.

Das Kloster war bestrebt, keine zusätzlichen Umtriebe auf sich nehmen zu müssen, wenn sich die Aufteilung der Güter unter die Erben nicht vermeiden liess oder Landstücke verkauft wurden . Die neu geschaffenen Teile blieben in jedem Fall dem ursprünglich errichteten Meierhof gegenüber zins- und zehntpflichtig. Da jeder Meierhof auch noch Güter in andern Höfen besass, wurden die Meier ihrerseits zu Einzinsern gegenüber den andern Meierhöfen. Und da Zins und Zehnten zum grössten Teil aus Naturalien bestanden, wurden – mindestens theoretisch – ziemlich viele Mütt Korn, Eier und Hühner hin- und hergeschoben. 

Die komplizierten Zinsverhältnisse im Dorf veranlasste das Kloster im Jahre 1504, zusammen mit dem Landvogt zu Baden einen sog. „Berein“ zu erstellen. In diesem Dokument werden die 8 Höfe (zusätzlich der Hof in der Geisswies) genau umschrieben und wird für jedes Stück Land festgesetzt, wem gegenüber dessen Besitzer zinspflichtig ist. Mit Hilfe dieses Dokuments können wir heute feststellen, wer 1504 dem Kloster gegenüber direkt (als Meier) oder indirekt (als Einzinser) zins- und zehntpflichtig war. Hätte damals schon praktisch ganz Wettingen dem Kloster gehört, müsste sich auf der Basis dieser Urkunde eine Liste der ansässigen Geschlechter erstellen lassen. Das ist nun aber nicht der Fall, weil zu diesem Zeitpunkt grosse Teile von Wettingen noch andern Eigentümern, vorwiegend dem Kloster Schänis, gehörten. Immerhin scheint es, dass das Kloster damals mehr oder weniger geschlossen das Unterdorf an sich gebracht hatte, denn die 8 Höfe liegen allesamt im Unterdorf (ein weiterer befand sich in der Geisswies) .


Das Brühlmeier-Haus

Im erwähnten Berein von 1504 findet sich nun erstmals bei der Definition vom siebenten (Ruedi Gassmanns) Hof der Name „Brühlmeier“, allerdings im Zusammenhang mit dem Haus: 


„ein hus und hoffstatt lit ob deß Brülmeyers hus am bach…“.


Eigenartig ist indessen, dass weder bei jenen, die Zins zu zahlen hatten, noch bei jenen, die Zins einnehmen durften, irgend ein Brühlmeier erwähnt wird. Das ist bei allen andern anders. Zur genauen Ortung der Güter werden auch andere Häuser herangezogen: des Hannsen walhen (Walch) hus, des Felix Wildheitzen hus, des Heini Stegers hus, des Cristan Sigristen hus, des Küssenbergers hus, des Bernharts hus, des Heini Gundttharts hus, des Hannsen Schwemers hus, des Henssli Meyers (genannt Bonhüssli) hus. Aber alle hier erwähnten Hausbesitzer finden sich wieder bei der Aufzählung der zinspflichtigen oder zinsbegünstigten Bauern, mit zwei Ausnahmen: Küssenberger und Brühlmeier; und interessanterweise sind dies auch die einzigen, bei denen der Vorname fehlt . Wie lässt sich dies erklären?

Das Fehlen des Vornamens könnte darauf hindeuten, dass es in Wettingen lediglich eine Familie dieses Geschlechts gab. Dass die beiden Namen aber auch bei der Aufzählung der Zinspflichtigen nicht erscheinen, bleibt weiterhin rätselhaft. Man könnte erwägen, dass diese eben nicht dem Kloster Wettingen, sondern einem andern Eigentümer gegenüber verpflichtet waren, aber im Hinblick auf die erwähnte Lage im Unterdorf erscheint dies als äusserst unwahrscheinlich. So bleibt denn noch eine letzte Erklärung, die im Falle vom Brühlmeier als sicher gelten kann: Die Bezeichnung „Brühlmeier“ bezeichnete damals noch gar keinen Geschlechtsnamen, sondern eine Funktion. Er war der Meier auf der Meierei im Brühl, ganz gleich, wie er hiess. 

Es kann keinerlei Zweifel darüber bestehen, dass es sich beim „Brühlmeier-Haus“ um den Hof Nr. 5 handelte. Die älteren Wettinger können sich noch an das Haus erinnern, das an der „Stigele“ lag, von Meier „Albriks“ bewohnt wurde und 1953 leider der immer noch ungeklärten Brandstiftung zum Opfer fiel. Schüler von Sekundarlehrer Hafner wissen zu berichten, wie er anlässlich dieses Ereignisses darauf hinwies, dass es sich um das Stammhaus der Brühlmeier handelte. In der Klosterurkunde von 1504 wird neben dem aktuellen Besitzer Felix Wildheitz auch der frühere erwähnt, nämlich „Heini im Brüel“. Später ging der Hof an Vogt Schibli über, und im Urbar von 1717/20 ist neben den früheren Besitzern Wildheitz und Schibli einer der Gründer der zweiten Brühlmeier-Dynastie – „alt Amman Hans Ulrich Meyer, genant Brüellmeier“ als Miteigentümer aufgeführt. Aber auch hinsichtlich seiner Lage kommt als „Brühlmeier-Haus“ nur dieses in Frage, denn es lag als einziges deutlich im Brühl, was aussergewöhnlich war, da man ja nicht in die kostbaren Wässermatten hinein baute . Der Grund, weshalb dieser Hof in den Brühl zu liegen kam, ist ganz einfach: Als man den Dorfbach im Unterdorf in zwei Teile teilte und den einen Arm in Richtung heutige Bahnhofstrasse schickte, um den Klosterbrühl zu wässern, musste man den neuen Bach über dem bereits bestehenden tiefer liegenden Haus hinweg führen, womit der Hof unvermeidlich in den Brühl zu liegen kam. Diese Sonderlage war Grund genug, den dort ansässigen Meier einfach als Brühl-Meier und entsprechend das Haus als Brühlmeier-Haus zu bezeichnen. So ist es denn auch für den kompetenten Lokal-Historiker Eduard Spiegelberg völlig selbstverständlich, dass es sich beim Haus, das einst dem „Heini im Brüel“ gehörte, um „Meier Albriks“ Haus handelte. 


Vermisst wird: Brühlmeier

Gemäss den Notizen von Eduard Spiegelberg taucht „Brühlmeier“, verwendet als Geschlechtsname und nicht etwa als Zuname, erstmals in einem Protokoll der niederen Gerichtsbarkeit des Abtes von Wettingen vom 26. Mai 1587 auf, wo zu lesen ist, dass „Uli Brülmeyers Töchter … im Hard gholzet“ hätten, was offensichtlich nicht gestattet war. Ein weiteres Zeugnis, dass unser Geschlechtsname bereits im 16. Jahrhundert existierte, findet sich im „Klosterarchiv 1694“, wonach im Jahr 1599 in einem Rechtsstreit mit dem Kloster ein Hanns Brüelmeyer (neben Colmer Merckli, Hanns Fry, Hanns Kalchtaller, Petter Oerdtli, Felix Zimmerman, Uoli Schwytzer und Jagli Schönnli) als Anwalt der Wettinger Dorf-Interessen erwähnt ist. Dieser Hanns Brüelmeyer muss also zu den führenden Köpfen des Dorfs gehört haben. 

Von fundamentaler Bedeutung für die weitere Forschungsarbeit erweist sich nun die im Klosterarchiv von 1694 abgedruckte

Klosterarchiv

Auf nicht weniger als 210 Seiten wird jeder Plätz Land, der dem Kloster in der Grafschaft Baden gehörte, nach Grösse und Lage aufgeführt und dabei angegeben, wer ihn zur Zeit besass und wem er wieviel Zins dafür abzuliefern hatte. Für die Erfassung der Verhältnisse im „Dorff Wettingen und Esch“ waren 41 Seiten erforderlich. Da werden so um die tausend (ich muss schätzen) Stücke Land aufs Exakteste beschrieben, indem bei jedem nicht nur der Besitzer und der Zinsempfänger angegeben wurde, sondern zur Identifizierung seiner Lage immer auch die Besitzer der anstossenden Grundstücke erwähnt sind. Man muss das einmal von vorne bis hinten durchgelesen haben, um sich ein Bild machen zu können, wie ausserordentlich verstückelt das landwirtschaftlich genutzte Land damals schon war. Offensichtlich hat die ursprüngliche Festlegung auf acht Höfe durch das Kloster diese Entwicklung nicht verhindern können. Unverkennbar ist auch, dass es dem Kloster in diesen 150 Jahren seit der letzten Bereinigung gelungen war, mit wenigen Ausnahmen (z.B. Grundstücke, die nach wie vor dem Kloster Muri gehörten) das gesamte Dorf Wettingen mit allem Grundbesitz an sich zu bringen.

Die Methode, jedes Landstück und damit auch dessen Besitzer mehrmals zu erwähnen – nämlich einerseits als zinsbehaftetes Grundstück, andererseits als anstossende Grundstücke –, führt dazu, dass es auf allen Seiten dieser Bereinigung nur so von den Namen der damaligen Landbesitzer wimmelt, weshalb wohl meine Schätzung, dass das Dokument wohl über zweitausend Namensnennungen enthält, nicht zu hoch gegriffen sein dürfte. Natürlich gab es damals in Wettingen nicht so viele Landbesitzer, denn entsprechend der gewählten Methode erscheint ja jeder mehrfach, die meisten dutzendfach, ein paar wohl hundertfach und darüber. Zählt man jeden Namensträger nur einmal, kommt man immerhin auf die stattliche Zahl von 165 Grundbesitzern, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass ich den einen oder anderen infolge der beliebigen Rechtschreibung und unterschiedlichen Form des Vornamens (z.B. Jagle und Jacob) mehrmals gezählt habe. Es gab aber damals mit Sicherheit in Wettingen 160 Grundbesitzer, die dem Kloster zinspflichtig waren. 150 Jahre zuvor waren es lediglich deren 34. Dies zeigt einerseits, wie sich in dieser Zeitspanne der Klosterbesitz vergrössert hatte, andererseits wohl auch die zunehmende Verstückelung der landwirtschaftlichen Güter.

Diese Situation führte zu beinahe nicht mehr zu überblickenden Zinsverhältnissen. Die immer weitergehende Aufteilung von Grundstücken brachte es z.B. mit sich, dass schliesslich (im 19. Jahrhundert) die Zinsbelastung auf einem Grundstück 12 ½ Eier oder ¼ Huhn betragen konnte. Es brauchte wohl ziemlich viel Phantasie, um seinen Verpflichtungen vorschriftsgemäss nachzukommen. Und da die ursprünglichen Höfe durch sog. Tragereien (mit derselben Funktion wie die Höfe: Einzug von Grundzinsen) angereichert worden waren, gab es nicht wenige Wettinger, die einander gegenseitig zu zinsen hatten.

Zins

Seite 127 des Urbars von 1813/30

Für unser Forschungsinteresse von Bedeutung ist nun die Frage, welche einheimischen Geschlechter bei dieser vollständigen Bestandesaufnahme der Klostergüter von 1653 erwähnt werden. Es sind die folgenden, wobei ich der Einfachheit halber die oft vielen Schreibweisen desselben Namens unberücksichtigt lasse und moderne Schreibweisen wähle: Baltenschwiler, Benz, Bernet, Bernhard, Berz, Brunner, Bucher, Burckhart, Bürgler, Dosenbach, Egloff, Ernst, Frey, Geisswiser, Graf, Grüniger, Güller, Hartmeier, Herren, Hertensteiner, Hertle, Huser, Hütten, Kalchthaler, Keller, Käufeler, Klotz, Koller, Kramer, Lang, Meister, Merkli, Meier, Muntwiler, Neracher, Nespler, Nötinger, Örtle, Bopp, Bossert, Pürle, Schibli, Schmidt, Schön, Schönli, Schweizer, Seiler, Senn, Sigrist, Silbereisen (wahrscheinlich auswärts), Spönli, Spörri, Steimer, Stidle, Stucki, Stutz, Süssle, Trachsler, Ursprung, Fisler, Voser, Wörnli, Wiederkehr, Widmer, Zimmermann.

Man wird staunen: Hier fehlt der Name, der in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse ist, nämlich Brühlmeier. Ich bin absolut überzeugt davon, dass in Wettingen niemand auch nur einen Quadratschuh Land bewirtschaftete, der in der Bereinigung von 1653 nicht erwähnt wird. Hätte es diesen äusserst unwahrscheinlichen Fall gegeben, dass ein Landbesitzer bloss Güter besass, die nicht direkt oder indirekt dem Kloster Wettingen gegenüber zinspflichtig waren, so wäre seine Erwähnung trotzdem unvermeidlich gewesen, weil seine Güter irgendwo an die Klostergüter grenzen mussten, und in diesem Zusammenhang hätten sie erwähnt werden müssen. Und hält man sich die sehr weit gediehene Verstückelung des Landes vor Augen und auch die Tatsache, dass das Kloster Wettingen praktisch das ganze Dorf besass, kann dieser Fall als absolut ausgeschlossen gelten.

Es überrascht daher nicht, dass auch im nächsten wichtigen Dokument, das auf die Besitzverhältnisse in Wettingen schliessen lässt, kein Brühlmeier erwähnt wird. Es handelt sich um den drei Jahre später, also 1656 abgeschlossenen Vertrag, der den Kauf des sog. Henssli-Zimmer-mann-Hofes (Nr. 3) durch das Kloster Frauenthal besiegelt. Zuerst einmal macht auch diese Urkunde deutlich, wie zerstückelt die Güter waren, sind doch im Vertrag rund 45 verschiedene Landpositionen erwähnt. Aber nicht genug damit, denn der erworbene Hof hat Anrecht auf Einzinsen, die von ca. 40 Einzinsern zu entrichten sind. Es handelt sich bei diesen Grundstücken um Teile, die ursprünglich zum hier gehandelten Hof gehörten, dann verkauft oder vererbt wurden, aber weiterhin via Meierhof dem Kloster gegenüber indirekt zinspflichtig waren. So werden denn von den rund 160 Landbesitzern, die 1653 ausfindig zu machen sind, in diesem Vertrag, der sich auf einen einzigen Hof bezieht, rund 60 Namen wiederum aufgeführt, selbstverständlich ohne einen Brühlmeier.
Auch beim nächsten Rechtsstreit des Dorfs Wettingen gegen das Kloster im Jahre 1672 wird bei den Anwälten des Dorfs, d.h. bei den angesehenen und vermutlich auch wohlhabenden Dorfvertretern, kein Brühlmeier erwähnt, sondern Hans Pop (Aman), Clein Ueli Meyer (Steürmeyer), Peter Keüffeler, Alt Hans Bürgler (vorige: „alle dess Gerichts“ ), Heinrich Bernart, Peter Hartmeyer, Caspar Frey, Jagle Steimer, Simon Mundtwyler .

Dies alles lässt nur einen Schluss zu: Da das Geschlecht „Brühlmeier“ zwar für die Jahre 1587 und 1599 nachgewiesen werden kann, aber ebenso mit Sicherheit Mitte des 17. Jahrhunderts in Wettingen nicht ansässig war, war es zeitweise ausgestorben und ist folglich ein zweites Mal gegründet worden.

Denn dass alle Brühlmeier auszogen (wohin denn und weshalb?) und irgend einer so um 1700 herum wieder zurückkehrte, ist schon darum unwahrscheinlich, weil ab ca. 1700 die Brühlmeier als wohlhabende Männer von Amt und Würden nachgewiesen sind. 


Die wichtigsten Quellen

Die bisher vorgetragenen Erwägungen stützen sich weitgehendst auf die beiden erwähnten Quellen: das „Klosterarchiv 1694“ und die „Geschichte von Wettingen“. In meiner weiteren Forschungsarbeit konzentrierte ich mich auf vier Schwerpunkte:

  1. Identifikation des nach Amerika ausgewanderten Kaspar Brühlmeier sowie dessen Frau Rosina Beetschen. Der Verlauf und die Ergebnisse dieses sehr spannenden Teils sollen gesondert dargestellt werden.

  2. Erstellung eines vollständigen Stammbaums

  3. Erforschung der zweimaligen Gründung des Geschlechts „Brühlmeier“

  4. Sammeln von Informationen über Vertreter unseres Geschlechts vor 1900

Die bedeutendsten Grundlagen zur Lösung dieser Aufgaben sind selbstverständlich die amtlichen Zivilstandsregister, die in Wettingen ab 1818/19 geführt wurden. Leider bestehen seit 1998 sehr restriktive Datenschutzbestimmungen, die heute ein freies Forschen, wie dies zuvor möglich war, nicht mehr zulassen. Glücklicherweise begegnete man im Wettinger Rathaus meinem Forschungsvorhaben wohlwollend und entgegenkommend, wofür ich dankbar bin. Aber ohne den Goodwill der noch lebenden Mitglieder des Geschlechts lässt sich heutzutage kein Stammbaum mehr erstellen. Ich wandte mich daher an alle noch lebenden (bzw. als solche identifizierbaren) männlichen und weiblichen Träger des Geschlechtsnamens „Brühlmeier“ und bat sie um Angabe von Namen und Geburts- und Todesdaten ihrer Vorfahren und Verwandten. Das Echo war sehr gross, was zeigte, dass praktisch alle am Zustandekommen eines Stammbaumes interessiert sind. Ich danke an dieser Stelle allen, die auf mein Anliegen eingetreten sind und mir die ihnen bekannten Angaben übermittelten. Dank deren Hilfe ist es mir gelungen, die aus den Registern erhaltenen Daten mit der gegenwärtigen Situation lückenlos zu verknüpfen und so einen vollständigen Stammbaum des Geschlechts Brühlmeier aufzubauen. 

Bei der Eröffnung des Wettinger Familienregisters im Jahre 1818 wurden verständlicherweise bloss die noch lebenden Personen bzw. deren Eltern aufgeführt, weshalb zwischen der Gründung der ersten Brühlmeier-Dynastie (nachgewiesen ab 1526) und der vollständigen Bestandesaufnahme anfangs des 19. Jahrhunderts eine Lücke von fast 300 Jahren klafft. Zwar ist der eine oder andere Vertreter unseres Geschlechts aus jener Zeit in der „Geschichte von Wettingen“ erwähnt, jedoch ohne irgend eine genealogische Bezugnahme. Auch tauchen in verschiedenen Urbarien, die im Gemeindearchiv von Wettingen aufbewahrt werden und zu denen ich glücklicherweise freien Zugang habe, immer wieder Bauern als Hofbesitzer oder Einzinser namens Brühlmeier auf, aber auch diese Angaben gestatten kaum irgendwelche genealogischen Erkenntnisse.
Als entscheidende Hilfe zur Erhellung der Anfänge unseres Geschlechts erwies sich ein Fund im Archiv des Kath. Pfarramts: zwei alte Jahrzeitbücher.

Jahrzeitbuch

In den Jahrzeitbüchern war jedem eingesessenen Geschlecht ein Monat zugeordnet, in welchem für die verstorbenen Angehörigen des Geschlechts in der Messe gebetet wurde. Den Brühlmeiern war der Juni zugeteilt. Das erste Buch wurde von Frater Franziscus Dorer im Jahre 1742 eröffnet, wobei er sich zur Erreichung möglichster Vollständigkeit offensichtlich auf ältere Eintragungen oder auf mündliche Überlieferungen stützte. Das zweite Jahrzeitbuch wurde 1802 vom Pfarrer Pater Alberick Denzler angelegt. Dabei stützte er sich offensichtlich auf jenes von 1742, wobei er allerdings 4 Einträge zwischen 1758 und 1765 einfach wegliess, weil es ihm offensichtlich zu mühsam war, die sehr schwer lesbare Schrift des betreffenden Pfarrherrn zu entziffern (siehe obige Kopie). Beide Jahrzeitbücher zusammen geben wertvolle Informationen über 49 Familienangehörige, die zwischen ca. 1680 und dem Jahre 1834 starben und sich ausnahmslos genealogisch identifizieren liessen. 

(Der vollständige Text der beiden Jahrzeitbücher findet sich im Anhang der gedruckten Dokumentation, die man – solange Vorrat – bei mir für Fr. 50.- beziehen kann.)

Die wichtigsten Hinweise schliesslich fanden sich dort, wo jeder Genealoge routinemässig sucht, nämlich im Taufbuch der Kirchgemeinde. Das älteste noch erhaltene Taufbuch wurde 1652 eröffnet und reicht bis 1734. Es wurde um 1960 auf Mikrofilm archiviert und ist auf dem Staatsarchiv Aarau einsehbar. Wie sich im Verlaufe meiner Forschungsarbeit herausstellte, befindet sich das Original auf dem Zivilstandsamt Wettingen. Das trifft auch für den zweiten Band des Taufbuches zu, der 1735 eröffnet wurde und bis zum Jahr der Klosteraufhebung 1841 reicht.

Darüber hinaus erhielt ich entscheidende Informationen über die von den Pfarrherren angelegten Verzeichnisse der Firmlinge in den Jahren 1684, 1695, 1701, 1723, 1731, 1753, 1765, 1780, 1797, 1809, 1830 und 1839 sowie in allerdings nicht über grosse Zeiträume reichenden Ehe- und Todesregistern.

Über diese klassischen Quellen hinaus fand ich immer wieder nützliche Hinweise in den verschiedenen Urbarien zwischen 1717/20 und 1830, in den Armenrechnungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, in den Fertigungsprotokollen, welche die Handänderungen von Grundstücken urkundlich festhielten, sowie in alten Steuerakten.

Schliesslich ist der Nachlass meines ehemaligen Lehrers Eduard Spiegelberg (gestorben 1958) zu nennen. Der eine Teil (den ich lange für das Ganze hielt) steht – solid gebunden und in 20 Ordnern thematisch geordnet – in den Regalen des Zivilstandsamts Wettingen. Für jeden geschichtlich Interessierten ist dieses Archiv eine Fundgrube, und man kann nur bedauern, dass dieser Schatz nicht allgemein zugänglich ist. Immerhin haben einzelne Autoren der „Geschichte von Wettingen“ recht ausgiebig daraus geschöpft. Der andere Teil liegt im Staatsarchiv Aarau und umfasst einerseits zum grossen Teil die Kopien des Wettinger Materials, übersichtlich in Schachteln und Mappen versorgt, andererseits die nach denselben thematischen Kriterien geordneten stenographischen Notizen, die dem Autor der überaus zahlreichen maschinengeschriebenen Essays als Ausgangsmaterial dienten. Der umfangreiche Nachlass belegt nicht nur, dass Spiegelberg bereits als Seminarist geschichtliche Lehrbücher zusammenfasste, sondern im Verlaufe seines Lebens in einer kam vorstellbaren Intensität und Breite alles, was ihm als lokalgeschichtlich bedeutsam schien, sammelte, studierte, sprachlich fasste und oft auch in kleinen Portionen in der Lokalpresse publizierte. So dürfte es wohl die grosse Tragik seines Lebens gewesen sein, dass er noch im Lehramt starb und so sein grosses Vorhaben, wofür er alle Ferien und auch sonst jede freie Minute geopfert haben muss, nicht ausführen konnte: nämlich eine weit ausholende, vermutlich mehrbändige Geschichte der Gemeinde Wettingen zu schreiben. In seinem Nachlass findet sich nämlich das fix und fertig ausgearbeitete Inhaltsverzeichnis des geplanten Werks, das unter 16 Haupttiteln nicht weniger als 202 Kapitel vorsah. Das meiste liegt – zumindest im Rohentwurf – bereits geschrieben vor, weshalb man sich unwillkürlich fragt, wie er dies neben seinem Beruf überhaupt zustande bringen konnte. Jede Zeile spricht von Sachkenntnis und Engagement, aber nur schon die Lektüre dieses Inhaltsverzeichnisses ist interessant und informativ und wirft nicht nur ein Licht auf Wettingens Vergangenheit, sondern auch auf die Persönlichkeit von Eduard Spiegelberg, weshalb ich mir erlaube, die Kopie des Originals zu veröffentlichen (Link am Schluss dieses Textes). Ich gestatte mir diese positive Würdigung dieses bedeutenden Historikers, ungeachtet der Tatsache, dass er gelegentlich unexakt zitiert und oft – besonders in seinen Abhandlungen – auf die Quellenangabe verzichtet, was ihn heute bei Fachhistorikern suspekt erscheinen lässt.

Interessanterweise hat Spiegelberg aber auch in einem Bereich geforscht und Material gesammelt, den er in seinem grossen Geschichtswerk höchstens am Rande einbeziehen wollte, nämlich im Gebiet der Familienforschung. So hat er in Bezug auf 30 in Wettingen ansässige bzw. beheimatete, teilweise auch ausgestorbene Geschlechter alles zusammengetragen, was ihm in die Hände kam, nämlich betreffend Benz, Berz, Bopp, Bosshard, Brühlmeier, Bürgler, Egloff, Ernst, Fischer, Frey, Graf, Güller, Hartmeier, Huser, Käufeler, Keller, Kramer, Meier, Merkli, Muntwiler, Neracher, Schwyzer, Spörri, Steimer, Süssli, Ursprung, Voser, Widmer, Wörndli und Zehnder. 

Was nun die „Brühlmeier“ betrifft, umfasst das Material rund 90 Seiten: einiges an Zeitungsausschnitten aus eigener Feder, einiges an Maschinengeschriebenem, das meiste aber an handschriftlichen Notizen. Zwar verfügte Spiegelberg über eine schöne, gut leserliche Schrift, aber leider hat er das meiste stenographiert, und zwar in einer offensichtlich nicht ganz üblichen Weise. Ich bin Maria Buri (Zug) sehr zu Dank verpflichtet, dass sie die schwierige Arbeit auf sich nahm, die für mich relevanten Texte zu transkribieren. Dabei konnte freilich vieles übergangen werden, da mir dieses Material erst kurz vor Abschluss meiner Arbeit in die Hände kam und mir das Allermeiste bereits bekannt war.

Spiegelberg

Immerhin verdanke ich meinem ehemaligen Lehrer zwei mir bislang verborgen gebliebene Erwähnungen des Namens Brühlmeier im 16. Jahrhundert, des weiteren die vielen Hinweise auf die Ursprünge des Theaterspiels in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und die diesbezügliche Bedeutung des Bierbrauers Kaspar Brühlmeier-Meier, dann auch das schöne Gedicht seiner Tochter Verena sowie die dramatische Geschichte seiner Tochter Maria. Auch sonst klärte sich das eine oder andere Detail, und durch die Konsultation des übrigen Materials erhielt ich einige Klarheit über die etwas rätselhafte Auswanderung vom Vater des erwähnten Bierbrauers, des ehemaligen Gemeindeammanns Kaspar Brühlmeier-Steimer. Ich werde alle hier angesprochenen Themen weiter unten detaillierter darlegen.

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