Arthur Brühlmeier

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Knacknüsse

Angaben über die erste Brühlmeier-Dynastie fand ich, abgesehen von der Erwähnung Hans Brühlmeiers im „Klosterarchiv 1694“ und den beiden Hinweisen bei Spiegelberg, lediglich im erwähnten Jahrzeitbuch von 1742. Die Informationen, die dem Eintrag und dem noch im Buch liegenden Notizzettel zu entnehmen waren, habe ich bereits erwähnt, und die Hoffnung, eine einwandfreie genealogische Kette von der ersten Dynastie über die Familie Schibli zur zweiten Brühlmeier-Dynastie zu belegen, musste ich allmählich begraben, da kein verfügbares Register der Pfarrei vor das Jahr 1652 zurückreicht. Die weit grössere Arbeit betraf dementsprechend die Entstehung der zweiten Brühlmeier-Dynastie.

1675 darf als eigentliches Entstehungjahr des heutigen Brühlmeier-Geschlechts gelten. Da werden im Taufregister gleich vier Personen als „Meier, genannt Brühlmeier“ erwähnt, nämlich

  • 1. Januar: „Adam Meier gnt. Brüelmeier“ als Pate der Maria Meier Bartlis
  • 23. März: „Martinus Meier gnt. Brüelmeier“ als Pate der Maria Käufeler
  • 26. Nov.: „Joan Udalricus Meier dicti Brüelmeier“ als Vater von Adam, sowie „Maria Meierin etiam dicta Brüelmeierin“ als Adams Patin

Es stellte sich also die Frage, in welcher verwandtschaftlichen Beziehung diese Personen zueinander standen. Aufgrund der Angabe im 1. Jahrzeitbuch konnte ich davon ausgehen, dass Martin Meier (dort als Martin Brühlmeier aufgeführt) der Gründer des Geschlechts war. Von seinen im Jahrzeitbuch erwähnten beiden Ehefrauen (Barbara Meier und Elisabeth Schibli) wird im Taufbuch ab 1652 bei der Geburt der hier im Stammbaum angegeben Kinder Elisabeth Schibli viermal als Martins Gattin erwähnt. Barbara Meier muss also entweder seine erste Ehefrau gewesen sein und Kinder vor 1652 geboren haben oder dann kinderlos geblieben sein, da sie im Taufregister nirgends erwähnt wird.

Gesichert ist auch, dass Martin Meier, Ehemann der Veronica Huser, 1685 erstmals erwähnt, sich in den Jahren 1687, 1688 und 1689 im Taufregister als „BrüölMeyer“ eintragen liess. Dass es sich um den Sohn des Geschlechtsgründers handeln muss, geht aus dem 1. Jahrzeitbuch sowie aus dem Taufregister hervor, hat doch Martin Meier-Schibli sowohl im Jahr 1657 wie auch im Jahr 1663 einen Knaben auf den Namen Martin taufen lassen. Um welchen der beiden es sich bei Martin jun. handelt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wenn innerhalb einer Familie zweimal derselbe Name gewählt wurde, so lag gewöhnlich der Grund darin, dass der erste bereits gestorben war. Leider fehlt aus jener Zeit ein Todesregister, aber der Hinweis im 1. Eintrag des ersten Jahrzeitbuchs deutet auf verstorbene Söhne hin, und zwar auf solche die nicht später einzeln aufgeführt wurden wie z.B. Martin jun.

Einen weiteren Hinweis konnte ich dem Eintrag im Taufregister vom 11. Mai 1688 entnehmen, wo bei der Taufe von Maria Margaretha Güller der Pate „Joannes Udalricus Meyer genant BrüölMeyer“ vertreten war durch „Martinus BrüölMeyer frater Ipsius“ und damit als dessen Bruder ausgewiesen ist. Grundsätzlich könnte hier natürlich Martin sen. anwesend gewesen sein, und dann wäre Hans Ulrich der Bruder von Martin dem älteren. Aber dagegen sprechen die Jahrgänge der Nachkommenschaft (Martin sen.: wohl schon vor 1652, spätestens 1657 bis 1665 / Martin jun.: 1685 bis 1704 / Hans Ulrich: 1675 bis 1792) sowie die Todesjahre von Martin jun. (1727) und Hans Ulrich (1726). Das möglicherweise bedeutendste Argument indessen liegt in der Tatsache begründet, dass die vom Kloster verliehenen Ehrentitel bzw. Funktionen „des Gerichts und Marianischen Rats Beiständer“ sowohl Martin sen. wie auch Hans Ulrich, nicht aber Martin jun. verliehen worden waren. Es ist, wie auch andere Belege zeigen, anzunehmen, dass diese Würden fast wie in einer Erbfolge auf den ältesten Sohn weitergegeben wurden, weshalb schliesslich als praktisch gesichert angesehen werden darf, dass Hans Ulrich nicht der jüngere Bruder, sondern der älteste Sohn von Martin sen. ist. Da er im Taufregister ab 1652 nicht auffindbar ist, gehe ich davon aus, dass er ein Sohn von Martins erster Ehefrau Barbara Meier ist. Das würde auch die grosse Lücke der Geburtsjahre (Kinder aus 1. Ehe vor 1652, 1. Kind des Ehepaars Meier-Schibli 1657) verständlich machen. In Übereinstimmung damit würde auch die Tatsache stehen, dass er bei der Taufe von Martin Meier 1657 als Pate wirkte. Möglicherweise war er um die 16 Jahre alt und könnte damit sehr gut als Taufpate seines Halbbruders ausersehen worden sein. Er starb 1726 und wäre bei dieser Annahme 85 Jahre alt geworden.

Dann fragt sich ferner, welcher der beiden Martin am 23. März 1675 als Pate gewirkt hat. Gehen wir davon aus, dass Martin jun. 1663 geboren wurde, können wir getrost annehmen, dass das Ehepaar Hans Käufeler/Elisabeth Frey den angesehenen Martin Meier/Brühlmeier-Schibli seinem erst 12jährigen Knaben vorgezogen hat.

Und wer ist „Maria Meierin“, ebenfalls „genannt Brüelmeierin“? Höchstwahrscheinlich die Tante des Täuflings Adam, d.h. die Schwester Hans Ulrichs. Er hat zwar erwiesenermassen eine Halbschwester namens Maria aus seines Vaters zweiter Ehe, aber diese Maria war erst 10jährig, kommt also nicht in Betracht. So ist anzunehmen, dass auch die bei dieser Taufe erwähnte Maria eine Tochter aus erster Ehe von Martin Meier/Barbara Meier ist. Einstweilen lässt sich das aber nicht mit völliger Sicherheit feststellen.

Dasselbe können wir mit einigermassen gutem Gewissen vom Paten „Adam Meier, genannt Brühlmeier“ annehmen, der am 1. Jan. 1675 als Pate wirkte bei einer Taufe, wo es wieder einmal so richtig „meiert“: Christoph Meier (gnt. Barthlis) und Barbara Meier (die keinesfalls identisch sein kann mit der 1. Ehefrau von Martin Meier sen.) sind die Eltern, Adam Meier, gnt. Brühlmeier, und Anna Meierin, gnt. Strotz, sind die Paten. Da kein weiteres Zeugnis über diesen Adam Meier, genannt Brühlmeier, zu finden war, nehme ich an, dass es sich um einen ledigen Bruder von Hans Ulrich und Maria Meier/Brühlmeier aus der 1. Ehe von Martin Meier/Barbara Meier handelt.

Wie man sieht, beruht die im hier vorgelegten Stammbaum vorgenommen genealogische Vernetzung der ersten „Meier, genannt Brühlmeier“ zu einem nicht geringen Teil auf logischen Erwägungen und nicht, was man natürlich lieber hätte, auf eindeutigen Register-Einträgen. Diese hieb- und stichfesten Belege gibt es erst ab der zweiten Generation, d.h. der Nachkommen von Martin jun. und Hans Ulrich.

Parentis Germanus

Eine besondere Knacknuss bildete der folgende lateinische Eintrag im Taufregister der Pfarrei: „Anno 1675 Die 26 Novemb. baptizatus est Adam filius Joan. Udalricus Meier dicti Brüelmeier et Regula Meierin dicto Bohüsslin. Patrini vero fuerunt Adam Meier parentis Germanus et Maria Meierin etiam dicta Brüelmeierin.“

Meine bescheidenen Lateinkenntnisse reichten hin für folgende Übersetzung: „Im Jahre 1675 am 26. November ist getauft worden Adam, Sohn von Johann Ulrich Meier, genannt Brühlmeier, und Regula Meier, genannt Bohüsli. Die wirklichen Paten waren Adam Meier, parentis Germanus, und Maria Meier, ebenfalls genannt Brühlmeier.“

Wie man sieht, blieb mir der wahre Sinn von „parentis Germanus“ verschlossen. Aber gerade dies hätte ich gerne verstanden, denn ich vermutete darin einen Hinweis auf die verwandtschaftliche Beziehung des Paten zu den beiden im Eintrag erwähnten Ur-Brühlmeiern. Da ich bereits am 1. Januar desselben Jahres einem Adam Meier, genannt Brühlmeier, begegnet war, nahm ich ohne weiteres (vermutlich aber irrtümlich) an, die beiden seien identisch.

In meiner Not fragte ich mehrere altphilologisch gebildete Herren, darunter auch zwei Historiker, aber eine befriedigende Antwort erhielt ich von keinem. Da mussten also Spezialisten her, und solche erhoffte ich bei der „Schweizerischen Gesellschaft für Familienforschung“ zu finden. So bat ich denn die Mitglieder der Mailing-Liste am 25. April 2001, um 9.20 h um Rat. Ich nenne den genauen Zeitpunkt deshalb, weil ich an diesem Beispiel aufzeigen kann, wie die gegenseitige Hilfe innerhalb dieser Mailing-Liste funktioniert. Dementsprechend gebe ich hier den gesamten Mail-Verkehr wieder, der zum Stichwort „parentis Germanus“ geführt wurde und der dann auch die Lehre verständlich macht, die ich aus dem Ganzen ziehen konnte.

25. April, 9.39 h von W. S.:
„Laut http://www.planet-interkom.de/birgit.wendt/latein-lexikon.htm ist ’soror germana‘ eine Halbschwester – analog würde ich ‚germanus‘ für eine Abkürzung von ‚frater germanus‘ = Halbbruder halten. Auf der anderen Seite nennt Thode ‚leiblicher Bruder‘, was natürlich kein Widerspruch sein muss, sondern vielleicht nur vom Klosterbruder unterscheiden soll.“

25. April, 13.16 h von W. T.: „Parentis ist der Singular von parentes (Plural) = Eltern und bedeutet in diesem Fall: Vater. Germanus ist zu übersetzen mit leiblich, echt. Meier Adam wird also als leiblicher Vater bezeichnet (das Warum kann nur mit Kenntnis des genauen KB-Eintrages und weiterer Umstände gedeutet werden).“

25. April, 14.21 h von W. S.: „Da der Vater nicht gleichzeitig Pate sein kann (oder zumindest extrem unwahrscheinlich wäre), muss es sich bei parentis um den Genitiv handeln (Nominativ singular wäre übrigens parens) – der Pate ist der „germanus“ des Vaters (evtl. auch der Mutter als eines Elternteils, aber wenig wahrscheinlich) – zusammen mit meiner bisherigen Übersetzung der Halbbruder (eines Elternteils). Die Übersetzung des „parentis“ hatte ich bei der Anfrage als bekannt vorausgesetzt und gar nicht eigens erwähnt.“

25. April 15.55 h von F. H. Kaiserslautern: „Das ist lateinisch und heisst übersetzt ‚leiblicher Bruder (germanus) des Vaters (parens, Genitiv: parentis)‘.“

25. April, 16.12 h von R. S: „Entsprechend den Angaben von W. S. übersetze ich ‚Adam Meier parentis Germanus‘ mit ‚Adam Meier, der Halbbruder bzw. leibliche Bruder der Mutter‘. ‚Parentis‘ als Genetiv Einzahl bezieht sich nicht auf die Eltern, sondern nur auf ‚die Gebärende‘, also die Mutter. Mutter und Pate wären demnach Halbgeschwister. ‚Germanus‘ verstehe ich als ‚leiblicher Bruder‘ nicht im Gegensatz zu Klosterbruder, sondern zum legitimen, zivilstandsrechtlichen Bruder. Meine Annahme ist demnach, dass Adam Meier ein unehelicher Sohn der Mutter der Taufmutter ist, und dass der Pfarrer dies zwar erwähnenswert hielt, aber auch hinter lateinischen Worten versteckte. Meine Vermutung müsste sich anhand der Familiennamen der betroffenen Personen bestätigen oder widerlegen lassen.“.

25. April 17.17 h von R. K: „Darf ich zu dieser Rätselkombination auch noch etwas beitragen?
Im ‚Taschenbuch für Familiengeschichtsforschung‘ von Wolfgang Ribbe und Eckhart Henning, Ausgabe 1995, steht zwar für ‚frater germanus‘ = Halbbruder. Aber es steht auch ‚germanus = Bruder‘. Wenn R.S. ‚parentis‘ auf die Gebärende bezieht, müsste der fragliche Pate Adam Meier also der ‚Bruder der Gebärenden bzw. dieses Elternteils‘ (parentis germanus) sein. Alles andere sind noch Spekulationen: diese zu erhärten wird interessant sein, und ich hoffe, wir erfahren noch die Lösung des Falles XY.“

Mit einem Mailing desselben Tages (19.03 h) wandte ich mich nochmals an alle, indem ich der Übersichtlichkeit halber die vorstehenden Antworten auflistete, den gesamten Wortlaut des fraglichen Registereintrags beifügte und dann folgende Ergänzung lieferte:

„Alle fünf, Kind, Eltern und Paten heissen also Meier. Der Vater des hier erwähnten Hans Ulrich, nämlich Martin Meier, hat drei Jahre zuvor das sog. Brühlmeier-Haus gekauft und – zusammen mit seinen Söhnen und der hier als Patin amtenden Tochter – beschlossen, seiner Familie den Zusatz ‚genannt Brühlmeier‘ zuzulegen. Dieser eigentliche Gründer des Geschlechts Brühlmeier war mit zwei Frauen verheiratet. Hans Ulrich muss aus erster Ehe stammen, denn er war höchstwahrscheinlich beim Kauf des Hofes 1672 bereits erwachsen und ist im Taufbuch, das 1652 eröffnet wurde, nicht verzeichnet. Dasselbe gilt für Maria. Die Kinder der zweiten Ehe sind mit den Jahrgängen 1657 bis 1665 nachgewiesen. Nun ist Adam Meier am 1. Jan. desselben Jahres in einem andern Eintrag bereits erwähnt als ‚Adam Meier gnt. Brüelmeier‘. Für mich ist es eigentlich klar (ohne, dass ich beweisen kann), dass dieser Adam Meier ein Bruder von Hans Ulrich sein muss, denn er amtet 4 Jahre später bei einem weiteren Sohn von Hans Ulrich wiederum als Pate. Der einzig mögliche Beweis liegt nun eben in dem zur Diskussion stehenden Zusatz ‚parentis Germanus‘. Dass er mit der Kindsmutter Regula Meier verschwistert ist, halte ich für ausgeschlossen. Für mich bestehen drei Möglichkeiten: Entweder (und mit grösster Wahrscheinlichkeit) ist er der leibliche Bruder zu Hans Ulrich aus der 1. Ehe der Eltern, oder (weniger wahrscheinlich) er ist ein Halbbruder aus 2. Ehe (als etwa Zwanzigjähriger könnte er als Pate fungieren), oder (sehr unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen) er ist ein lediger Bruder von Hans Ulrichs Vater Martin. Wozu würdet Ihr Euch entscheiden?“

25. April, 19.23 h von C. C.: „Vielleicht können die welschen Kollegen zu diesem Problem etwas beitragen. Ihre Sprache steht ja dem Latein näher, und das Wort ‚germain‘ benützen sie für ihre verwandtschaftlichen Beziehungen noch oft. ‚Germain‘ heisst bei ihnen ‚leiblich‘ und z.B. der ‚cousin germain‘ ist der ‚rechte Vetter‘, ich glaube, im Gegensatz zum ‚angeheirateten‘ Ehemann der Cousine, der oft auch Cousin genannt wird.“

25. April, 21.49 h von F. H. Kaiserslautern: „Wie schon gesagt: der Bruder des Vaters (siehe auch Familienkundliches Wörterbuch von Fritz Verdenhalven, Neustadt a.d. Aisch 1969). Die erste Möglichkeit, meine ich, ist nach den dargestellten Fakten am wahrscheinlichsten, allerdings sollten weitere Quellen gesucht werden, die evtl. weiteren Aufschluß geben könnten, z.B. Haushaltsrödel, die z.B. im Kanton Zürich ab 1634 einsetzen und in Intervallen aktualisiert wurden, oder Kaufakten, Gerichtsurteile, Schuldverschreibungen etc.“

26. April, 12.10 h von R. K.: „Ich bleibe nach der Detaillektüre dabei: Adam Meier ist der leibliche Bruder der Gebärenden.“

26. April, 21.32 h von R. S: „Warum schreibt der Herr Pfarrer nicht ‚patris frater‘, dann wäre es eindeutig: Der Täufling hätte dann seinen Namen von seinem richtigen Onkel, dem Bruder seines Vaters. Doch warum ‚parentis‘ und warum ‚germanus‘? Zu parentis: In Taufrodeln werden Eltern ‚parentes‘ genannt. Die Einzahl davon heisst ‚Elternteil‘. Was will dann der Pfarrer sagen, wenn er den Taufpaten einen Germanus des einen (aber welchen??) Elternteils nennt? Darum nahm ich an, dass er das Wort im engsten Sinn versteht und die Mutter meint. Da aber der Taufpate Adam Meier auch ein Brühlmeier ist, entfällt meine Vermutung, er sei ein (Halb-)Bruder der Mutter. (Und der Pfarrer ist am Ende seines Lateins.) Zu germanus: ‚Cousins germains‘ seien ‚cousins ayant aux moins une grand-mère ou un grand-père communs‘ (Micro-Robert). Es muss etwas dran sein an dem Begriff ‚Halbbruder‘. Dann wäre der Götti Adam Meier doch ein Halbbruder des Joh. Ulr. Meier aus der zweiten Ehe des Vaters Martin Meier. Mit der Konfirmation im Alter von ca. 16 Jahren wird noch heute das Recht, Götti zu sein, verliehen.“

27. April, 12.44 h von G. R: „Hallo liebe Forscherkollegen! Hier sind noch einigen Spuren von einem welschen Kollegen: frère = Bruder / frère utérin = Bruder von derselben Mutter / frère germain = Bruder vom selben Vater / parent = Eltern, aber auch irgend ein Mitglied der Familie. Wenn es Französich wäre, könnte man als ‚Mitglied der Vaterfamilie‘ übersetzen. Aber mein Latein ist nicht so gut als mein Französich…“

29. April, 9.34 von Pfarrer R. S.: „Lieber Herr Brühlmeier, das Internet verleitet zu Schnellschüssen. Ich hätte wohl besser gleich zu Beginn den Stowasser konsultieren sollen (dazu musste ich in die Stadtbibliothek gehen), statt aus dem Bauch heraus zu übersetzen. Andererseits hilft das Vernetzen auch zum raschen Meinungsaustausch – und auch zur Korrektur der eigenen Aussagen. – Stowasser (lat.-dt. Schulwörterbuch) leitet ‚parens, parentis‘ in der Tat von ‚gebären‘ ab, aber nicht in der Gegenwartsform, sondern in der Vergangenheitsform (‚die geboren hat‘), und damit ist in erster Linie natürlich die Mutter gemeint, in der Mehrzahl dann die Eltern und dann wird im Rückschluss die Einzahl der Eltern auch für den Vater gebraucht. – ‚Germanus‘ wird von ‚germen, germinis‘ (Keim) abgeleitet und kann auch den gewöhnlichen Bruder bezeichnen. Somit deckt eigentlich Stowasser Ihre ursprüngliche Vermutung, der Taufpate Adam sei der richtige Bruder des Kindsvaters. Trotzdem ist mir nicht wohl bei den unüblichen Bezeichnungen ‚parens‘ und ‚germanus‘ für Vater und Bruder. Da müsste man den Sprachgebrauch des Register führenden Pfarrers überprüfen. Braucht er immer ‚parens‘ für Vater und immer ‚germanus‘ für Bruder, dann ist der Fall klar. Wenn er aber nur in diesem Fall diese Bezeichnungen braucht, dann ist zumindest damit zu rechnen, dass der ‚germanus‘ der Halbbruder ist und zwar (nach G.R.!) Halbbruder über den zeugenden Vater und nicht die austragende Mutter. Offen bliebe dann immer noch die Frage, warum er die unklare Verwendung von ‚parens‘ braucht (Vater oder Mutter?). – Dass übrigens beide Taufpaten aus der Verwandtschaft nur des einen Elternteils kommen, ist eher unüblich. – Und was ich von der Konfirmation schrieb, bezieht sich natürlich auf die Praxis der reformierten Kirche, spiegelt aber auch das Mannbarkeitsalter in frühern Jahrhunderten. Sie sehen, Ihre Frage hat mich zum Mitdenken animiert, ich danke Ihnen.“

Nach diesen vielen Versuchen, mein Problem zu lösen, wuchs mein Unbehagen, dass ich so selbstverständlich angenommen hatte, der am 1. Jan. 1675 bezeugte „Adam Meier genannt Brühlmeier“ sei identisch mit dem am 26. November 1675 als Pate amtierenden „Adam Meier parentis Germanus“. Um nicht allen ca. 130 Listen-Teilnehmern zur Last zu fallen, wandte ich mich am 30. April (11.25 h) an jene 7 Kollegen, die sich auf diese Sache eingelassen hatten. Ich fügte ihnen die Antwort von Pfarrer R. S. bei, die er nicht mehr allen, sondern nur noch mir persönlich übermittelt hatte, und schrieb dann folgendes: „Zu einem endgültigen Urteil bin ich noch nicht gekommen, nicht zuletzt deshalb, weil ich mich fragen muss, mit welcher Begründung ich eigentlich einfach annehme, dass der am 1. 1. 1675 als Taufpate nachgewiesene ‚Adam Meier, genannt Brühlmeier‘ identisch sei mit jenem, der am 26. Nov. desselben Jahres wiederum als Taufpate in Erscheinung tritt und hier eben ‚Adam Meier parentis Germanus‘ genannt wird. Gerade der Umstand, dass im zweiten Eintrag, den ich früher wiedergegeben habe, der Vater und die Patin mit dem Zusatz ‚genannt Brühlmeier‘ erscheinen, ruft der Vermutung, der Pfarrer hätte auch beim Paten diesen Zusatz gesetzt, wenn er angezeigt gewesen wäre. Der Zusatz ‚parentis Germanus‘ könnte als bewusster Gegensatz zum früheren Eintrag (‚Adam Meier genannt Brühlmeier‘) gewählt worden sein, und dann wäre es wohl zutreffend, dass hier der Bruder der Mutter gemeint ist. Dann wären auch Pate und Patin nicht einseitig aus der väterlichen Verwandtschaft gewählt. Ich werde mich also erneut auf die Suche machen, um abzuklären, ob es damals zwei Adam Meier gab. Sollte dies zutreffen, bliebe allerdings weiterhin unklar, in welcher verwandtschaftlichen Beziehung der erstgenannte ‚Adam Meier genannt Brühlmeier‘ zu den übrigen steht. Nochmals besten Dank für alles. Sie haben mir sehr geholfen. Mit freundlichen Grüssen A. B.“

Am selben Tag (14.15 h) erhielt ich von R. K. folgendes Statement: „Ja, Ihre knifflige Frage regt wirklich zum Denken und Nachschlagen an. Wenn ich von Anfang an und auch jetzt auf Adam Meier als der leibliche Bruder der gebärenden Mutter setzte und nach wie vor setze, so auch weil es eben viele Meier bzw. Meyer gibt und wir im Schnellschuss annehmen, dass ein Brühlmeier mit einem Meier oder einem Sandmeier identisch sein muss. Natürlich gibt es immer wieder Zusätze wie „dr Gross“ „dr Klein“ „dr Brühlmeier“ „dr Grossmeier“ „dr Altmeier“ etc., aber als Namen sind (im 1. Familiennamenbuch) halt Brühlmeier von Wettingen AG, Sandmeier von Egliswil, Gränichen, Seengen und Staufen AG sowie Sandmeyer von Egliswil AG angegeben und natürlich eine ganze Anzahl Meier und Meyer, Maier und Mayer. Nachdem Adam nun nicht gerade ein alltäglicher Vorname ist, lohnt es sich sicher, diesem Adam Meier nochmals nachzugehen. Ich habe übrigens festgestellt, dass die Taufpaten in den meisten Fällen entweder explizit bezeichnet sind als z.B. ‚des Vaters Bruder‘ oder ‚der Mutter Schwester‘ (deutsch oder lateinisch). Wenn nichts Spezielles bezeichnet wird, ist sehr oft der Bezug zur Gebärenden gemeint, vor allem dann natürlich, wenn der Name des Taufpaten hundertprozentig identisch wiedergegeben wird mit dem Namen der Gebärenden bei ihrer Geburt. Aber bei der Meierei ist es eben so eine Sache, denn die Bezeichnungen sind ja auch Berufsbezeichnungen, und ich habe in meiner eigenen Genealogie auch einen Meier, welcher noch Meier war. Meiers Meier…. Mit freundlichen Grüssen R. K.“

Damit war dieser Mail-Verkehr einstweilen abgeschlossen, und im Nachhinein halte ich die Ansicht von R. K., die er standhaft in allen drei Antworten verteidigt hat, als die wahrscheinlichste: dass nämlich „Adam Meier parentis Germanus“ ein Bruder, höchstwahrscheinlich aber ein Halbbruder der Kindsmutter Regula Meier war und damit von meinem Forschungsziel her nicht mehr weiter von Interesse ist. Und für ebenso wahrscheinlich halte ich, dass „Adam Meier, genannt Brühlmeier“, der leibliche Bruder von Hans Ulrich Meier/Brühlmeier und somit ein Sohn aus erster Ehe der Stammelten Martin Meier/Barbara Meier war. Und wenn bei der Geburt von Hans Ulrichs Sohn Leonz am 11. August 1679 wiederum – wie urkundlich belegt – Adam Meier und Eva Meierin als Paten amteten, so ist anzunehmen, dass die Eva die Brühlmeierin und der Adam der „parentis Germanus“ waren.

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